Die beiden Kirchgemeinden Gittersee und Coschütz
Am 4. Oktober 1896 wurde der erste Kirchenvorstand für die neue Kirchgemeinde Gittersee-Coschütz gewählt. Am 01. Januar 1897 wurde dann die Auspfarrung von Coschütz aus der Kreuzkirchgemeinde und Gittersee von Döhlen und damit der Beginn der neuen Kirchgemeinde Gittersee-Coschütz rechtskräftig. Am 22. Dezember 1896 wurde der Hilfsgeistliche Dr. Flemming einstimmig zum Pfarrer der neuen Parochie gewählt und am 24. Januar 1897 im Betsaale Gittersee in sein Amt eingeführt. Der sonntägliche Gottesdienst wurde abwechselnd im Betsaale Gittersee und dem Schulsaale Coschütz gehalten. Was gemeinsam begann sollte sich doch schon bald wieder spalten. Hatten die Coschützer bereits bei der Planung des Gitterseer Friedhofes den selbigen als einen gemeinsamen abgelehnt, so wurde es bei der Frage, wo die Kirche stehen sollte, gänzlich unversöhnlich. Und an dieser Frage zerbrach schließlich die junge Kirchgemeinde bereits am 01. August 1897 nach nur sieben Monaten der Existenz! Wie hoch die Emotionen bei der Frage nach dem Kirchenstandort gingen, zeigt folgender Zeitunsartikel der damaligen Zeit:
“Gittersee: Man schreibt uns: Vor einigen Tagen brachten die “Neuesten Nachrichten” eine Notitz, daß einige Coschützer Herren einen Kirchenbauplatz und der Gemeinderat 3000 Mk. zum Kirchenbau schenken wollten. Die Gitterseeer Vertreter im Kirchenvorstand wollten aber die Schenkung nicht annehmen. Diese Darstellung bedarf der Klarstellung, wenn nicht über Gittersee ein falsches Urteil gebildet werden soll. Der Kirchenvorstand hat die Schenkung noch nicht abgelehnt, sondern will erst die Baupolizei um ihr Urteil hören.
1. Gittersee hat ziemlich 4000 Einwohner, Coschütz noch nicht ganz 1700. Gehört die Kirche ins kleinere oder größere Dorf?
2. Gittersee hat gegen 12 Jahre an einer kirchlichen Selbständigwerdung gearbeitet, hat einen Friedhof errichtet, Glocken geschafft, 6000 Mk.in die Coschütz-Gitterseeer Parochialkasse gezahlt und verzinst heute noch Döhlen, seiner Muttergemeinde, 10000 Mk. für das Lostrennen. – Coschütz ist am 1. Januar 1897 aus der Kreuzkirche ausgetreten und hat dort 10000 Mk. bekommen, wäre es nicht gegangen, so wäre die Zwangsausscheidung erfolgt und es hätte keine 10000 Mk. erhalten. Gehört jetzt die Kirche nach Gittersee oder nach Coschütz?
3. Coschütz hat rund 1100 Mk. Kirchenanlagen aufzubringen. Gittersee bringt rund 2100 Mk. auf. Gehört die Kirche in die Gemeinde, wo die kleinsten Opfer gebracht werden? Jetzt soll ein Sammelbogen an alle Coschützer Einwohner geschickt werden, worin dieselben erklären sollen, ob man mit Gittersee eine Parochie bleiben will oder ob man sich kirchlich selbständig machen will. Da möchten sich doch die Coschützer Steuerzahler klar sein, daß eine Last auf zwei Schultern leichter ist, als auf einer. Sie möchten sich klar sein, daß dann Coschütz auch Friedhofsland kaufen muß, einen Friedhof herstellen mit Leichen- und Parentationshallen und Kirchenbau. Wenn das Land dazu geschenkt würde, so müßten die Coschützer Steuerzahler für Geistlichen und Kirchendiener, Capitalzinsen ec doch noch jährlich gegen 3000 bis 4000 Mk. mehr aufbringen. Für 1700 Einwohner schon ein Sümmchen! Jetzt müssen diese 1700 Köpfe schon 14287 Mk. aufbringen und dann werden 18000 Mark fertig. Gittersee hat 18000 Mk. bei 4000 Einwohnern aufzubringen. Ist´s da nicht besser, die Gemeindeglieder achten nicht auf die 3-4 Reichen in Coschütz, die jährlich für 100000 – 300000 Mk. Bauland verkaufen und dann einen alten Steinbruch als Kirchenbauplatz schenken? Die laufenden Steuern müssen andere Einwohner tragen. Die Coschützer machen ihren Einwohnern immer vor, der “Felsenkeller” sei ein großes Steuerobjekt und dadurch werde alles billiger im Steuerwesen. Das ist aber falsch, denn die Felsenkellerbrauerei gehört nach Kirche und Schule nach Plauen, zahlt also Kirchen und Schulanlagen dorthin. Coschütz bekommt dorther nichts. Das möchten die Coschützer Einwohner wohl bedenken, ehe sie ihre Namen in die Listen schreiben und dadurch sich zu hohen Steuern selbst verurteilen.”
Die Coschützer Einwohner (Einwohner war damals zu 90% identisch mit Kirchgemeindeglied) ließen sich jedoch von diesem Artikel nicht beeindrucken und gingen doch den Weg der Eigenständigkeit. Und so geht auch unsere Chronik nun wieder getrennt weiter.